Prof. Dr. Hans-Peter Uerpmann
Ort: Tübingen
E-mail: hans-peter.uerpmann@uni-tuebingen.de
Unsere Ehrenmitglied Prof. Dr. Dr. Hans-Peter Uerpmann zählt zu den weltweit herausragenden Wissenschaftlern in der Archäozoologie. Das Werk und das Wirken von Hans-Peter Uerpmann und seiner Frau Margarethe in wenige Worte zu fassen, wird ihrer nationalen und internationalen Bedeutung nicht gerecht.
Internationale Bekanntheit erlangte Hans-Peter Uerpmann durch grundlegende Theorien zur Wirtschaftsarchäologie und durch seine Forschung zu den Anfängen der Domestikation im Vorderen Orient bereits ab Anfang der 1970er Jahre. Hans-Peter Uerpmann hatte die erste ordentliche Professur für Archäozoologie (später Archäobiologie) am Institut für Urgeschichte der Universität Tübingen und vertrat dadurch eine der wenigen Standorte für Archäozoologie in Deutschland.
Beginnend mit dem Studium der Tiermedizin an der Universität München 1964 wechselte Hans-Peter Uerpmann bald in die Paläoanatomie zu Professor Boessneck, wo er 1969 sein Staatsexamen abschloss. Anschließend studierte er Vor- und Frühgeschichte und beendete im Jahr 1970 seine erste Promotion in der Veterinärmedizin mit dem Titel “Die Tierknochenfunde aus der Talayot-Siedlung von S’Illot (San Lorenzo, Mallorca). Bereits 1974 legte Hans-Peter Uerpmann mit einer Veröffentlichung zu den Schafen des frühen Jerichos (Clutton-Brock und H.-P. Uerpmann) den Grundstein zu seinem hervorragenden internationalen Ruf in der Archäozoologie. Anschließend wechselte er an das Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität Freiburg, wo er seine zweite Promotion mit dem Titel „Probleme der Neolithisierung des Mittelmeerraumes“ unter Prof. Sangmeister abschloss. Im Anschluss erhielt er eine Anstellung am SFB 19 „Tübinger Atlas des Vorderen Orients“ in Tübingen. Dort habilitierte er sich im Jahr 1981 und erhielt im Jahr 1989 den Ruf für die Professur für Archäozoologie. Die didaktisch hervorragend strukturierte Lehre und die Ermutigung zum eigenständigen Denken und Forschen war für viele Studenten prägend und wegweisend.
Neben dem Thema der Neolithisierung und dem der frühen Domestikation, die ihn über Jahrzehnte begleiteten, war Hans-Peters Fokus war auf die Entwicklung neuer Methoden und Modelle gerichtet (Stephan, (H.-P.) Uerpmann und Cramer 2001). Er beeinflusste die Forschung grundlegend und nachhaltig, zum Beispiel durch den kritischen Blick auf archäozoologische Studien (H.-P. Uerpmann 1972, 1973) oder die Entwicklung komplexer Modelle, die das Zusammenwirken von Umwelt, Sesshaftigkeit und die beginnende Domestikation von Pflanzen und Tieren bei spätpleistozänen Jäger-Sammlern und die Abhängigkeit voneinander verdeutlichten (H.P. Uerpmann 1981).
Bis heute ist Hans-Peter Uerpmann an zahlreichen nationalen und internationalen Projekten beteiligt. Seit Jahrzehnten jedoch liegt sein Arbeitsschwerpunkt auf der Arabischen Halbinsel, wo er gemeinsam mit Margarethe Uerpmann bahnbrechende neolithische Forschungen betreibt.
Die enge Verknüpfung zwischen der Osteologie und der Archäologie war beiden (Hans-Peter und Margarethe Uerpmann) ein Anliegen und ist in vielen ihrer Publikationen ersichtlich. Beide generierten eine enorme Sammlung von archäozoologischen Daten. Für das Handling dieser Datenmassen entwickelte Hans-Peter Uerpmann mit den beginnenden EDV-Möglichkeiten ein ressourcensparendes Datenverarbeitungsprogramm auf Dbase-Basis. KNOCOD, ein Datenverarbeitungssystem für Tierknochen aus archäologischen Fundstellen (H.-P. Uerpmann 1978), wird auch weiterhin von vielen Wissenschaftlern, oft in aktualisierter Version, verwendet.
Mit dem offiziellen Beginn des Ruhestands im Jahr 2009 begann für beide Uerpmanns eine Zeit, wo die beruflichen Verpflichtungen geringer waren, nun aber genug Zeit und Muße für die Forschung zur Verfügung standen. Angesiedelt sind beide auch nach ihrem „Ruhestand“ im Forschungsbereich für Urgeschichte und Naturwissenschaftliche Archäologie im Fachbereich Geowissenschaften der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Tübingen
ausgewählte Literatur:
Clutton-Brock, J., Uerpmann, H.-P., 1974. The Sheep of Early Jericho. Journal of Archaeological Science 1, 261-274.
De Beauclair, R., Münzel, S., Napierala, H. (Hrsg.), 2009. Knochen pflastern ihren Weg. Festschrift für Margarethe und Hans-Peter Uerpmann. BioArchaeologica 5, Verlag Marie Leidorf GmbH, Rhaden/Westf.
Frey, W., Uerpmann, H.-P., (Hrsg.), 1981. Beiträge zur Umweltgeschichte des Vordereon Orients. Beihefte zum Tübinger Atlas des Vorderen Orients, Reihe A (Naturwissenschaften), Band 8.
Stephan, E., Uerpmann, H.-P., Cramer, B., 2001. Paläotemperaturbestimmungen nach δ18O-Werten von Equiden-Resten aus dem Unterpleistozän von Untermassfeld. In: Kahlke, R.-D. (Hrsg.), Das Pleistozän von Untermassfeld bei Meiningen (Thüringen). Monographien des RGZM 40/3, 917-930.
Uerpmann, H.-P., 1972. Tierknochenfunde und Wirtschaftsarchäologie – Eine kritische Studie der Methoden der Osteoarchäologie. Archäologische Informationen 1, 9-27.
Uerpmann, H.-P., 1973. Animal bone finds and economic archaeology: a critical study of osteo-archaeological method. World Archaeology 4, 378-322.
Uerpmann, H.-P., 1978. The KNOCOD System for Processing Data on Animal Bones from Archaeological Sites. In: Meadow, R. H., Zeder, M. A. (eds.). Approaches to Faunal Analysis in the Middle East. Peabody Museum Bulletin 2, 149-167.