Archaeozoologenverband

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Janette Horvath

Tod am Schlachtfeld Wagram

Im Zuge des geplanten Bauprojektes der S8 Marchfeld Schnellstrasse konnte die Grabungsfirma Novetus GmbH im Auftrag der ASFINAG Ausgrabungen in einem Ausschnitt des napoleonischen Schlachtfeldes durchführen. Aus der Schlacht am Wagram vom 05. und 06. Juli 1809 konnten 33 Pferdeskelette untersucht werden. Für die Tiere wurde eine verhältnismäßig große Altersspanne, eine für Pferde im Kriegseinsatz eher niedrige Körpergröße, eine teilweise kräftigere Wuchsform und ein hoher Anteil an Stuten festgestellt.
Es stellte sich während der Untersuchung die Frage, warum manche Pferde offensichtlich mitten in das Kriegsgeschehen gerieten obwohl sie den Vorgaben zur Remontierung (Beschaffung von Pferden für den Kriegseinsatz) beider Parteien nicht entsprachen (Brun 2007, Annexe 2; von Angeli 1889, 24-26; von Bundschuh 1822, 420-422) . Ob sich darin ein Mangel an der Verfügbarkeit entsprechender Pferde zeigt, eventuell als Folge bereits gefallener Pferde in der Schlacht bei Aspern-Essling vom 21. und 22. Mai, oder ob es sich um aus den Lagern stammende Tiere des Trosses handelt, die zufällig in die Kämpfe gelangten ohne eine aktive Rolle darin zu spielen, konnte schlussendlich nicht mehr beantwortet werden. 

Die Skelette weisen  Überbelastungsanzeichen auf, welche sich durchaus durch einen länger andauernden Kriegsdienst erklären lassen.  Lochfrakturen aufgrund von Schusstreffern sowie zahlreiche Frakturen, die durch Stürze oder Geschosstreffer erklärbar sind, weisen darauf hin, dass die Pferde mitten im Kriegsgeschehen fielen. 

Sie starben in einem Alter zwischen zwei bis neunzehn Jahren, die meisten zwischen sechs und acht Jahren. 

Mit zwölf Stuten, elf Wallachen und sechs Hengsten blieben lediglich vier Tiere aufgrund fehlender geschlechtsspezifischer Elemente unbestimmt. 

Die errechneten Widerristhöhen bewegen sich zwischen 131 cm und 158 cm. 

Die auffälligsten Veränderungen betreffen die Wirbelsäule,: an zahlreichen Wirbeln kommen Exostosen (Knochenbildungen) vor, die in schweren Fällen vollständige Knochenbrücken über die Gelenke ausbildeten. In einem Fall ließ sich eine sogenannten "kissing spine" als direkte Folge des Einsatzes als Reitpferd feststellen. Neben der Wirbelsäule sind auch viele weitere Gelenke betroffen.

Bisher einzigartig sind Belege für Schussverletzungen der Pferde im Rahmen der napoleonischen Kämpfe. Neben klar durch Lockfrakturen erkennbaren Treffern konnte eine Reihe von stumpfen Traumata dokumentiert werden, die vermutlich ebenfalls auf Geschütztreffer zurückzuführen sind. 

17 der insgesamt 33 Pferde waren betroffen, sechs Treffer folgten in den Korpus oder Schädel, 19 erwischten die Extremitäten. Acht der Schüsse trafen die Pferde seitlich, sechs Treffer erfolgten von vorne, und zehn von hinten.



Literatur:
- Brun, J.-F. (2007): Le cheval dans la Grande Armée. Revue Historique des Armées 249, 38-74. https://journals.openedition.org/rha/533 (zuletzt aufgerufen am 11.05.2023).
-Von Angeli, M. E. (1889): Die Heere des Kaisers und der französischen Revolution im Beginn des Jahres 1792. Mitteilungen des K. u. K. Kriegs-Archivs, Neue Folge 4, 1-112.
- Von Bundschuh, K. (1822): Handbuch aller seit dem Militärjahre 1767, als dem Anfange des in der K. K. österreichischen Armee itzt bestehenden Militär-Oekonomie-Systems, bis zum Schluße des bürgerlichen Jahres 1821, erflossenen und noch als Gesetz bestehen-den Normal-Vorschriften 1. Prag.
- Horvath J. (2021): Das Pferd in der Armee – Archäozoologische Auswertung, in: Konik S., Stagl A. und Binder M. (Hrsg.), Leben und Tod auf dem Schlachtfeld. Archäologie entlang der S8-Trasse im Marchfeld. Archäologie auf der Baustelle. Archäologische Forschungen von Novetus 1.
- Horvath, J. & Czeika S. (2024): Mühsal und Tod, Die Pferde aus der Schlacht bei Wagram um 1809, Beiträge zur Archäozoologie und Prähistorischen Anthropologie XIII.


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